Lesen Sie den Artikel von Prof. Robert Lustig, Universität von Kalifornien in San Francisco „Kalorie ist gleich Kalorie? Völlig falsch!“ (Die Welt, 2012) und Sie werden verstehen, was ich unter „grundsätzlich richtig, aber ideologisch geprägt“ verstehe. Es stimmt natürlich, dass Zucker ein gesellschaftliches „Grundübel“ darstellt und unsere heutige, meist industriell gefertigte/produzierte Ernährung unseren Organismus massiv fordert. Ich möchte auch gar nicht die wissenschaftlichen Grundsätze und Erkenntnisse der gesunden Ernährung in Frage stellen. Ich erlebe nur tag täglich wie mühsam es für die meisten ist, seine Essgewohnheiten komplett und dauerhaft auf Basis dieser Erkenntnisse umzustellen, sie also grundlegend zu verändern.

Sie wollen in erster Linie ihr Wunschgewicht erreichen.

Das geht eben am leichtesten, wenn Sie sich nicht komplett umstellen müssen. Widmen wir uns daher mal einem naturwissenschaftlichen Grundgesetz, konkret dem „ersten Hauptsatz der Thermodynamik“. Aber keine Angst, es wird nicht zu technisch, bzw. zu wissenschaftlich.

Unser Körper ist aus nüchterner technischer Sicht schlicht ein Bioreaktor mit einer idealen Betriebstemperatur von 37,5 °C. Diese Temperatur darf zur Aufrechterhaltung unserer essenziellen Vitalprozesse nur um sehr wenige Grade abweichen. Die Betriebstemperatur ergibt sich dabei aus den inneren Oxidationsprozesse (Verbrennung der aufgenommen Nahrung) die für die Organaktivität und der notwendigen Muskelaktivität notwendig sind. Die bei dieser Energieumwandlung zwangsläufig freiwerdende überschüssige Wärme muss vom Körper abgegeben werden. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik sagt vereinfacht, dass die Differenz der zugeführten Energie und der abgegebenen Wärme immer der Zu- und Abnahme der gespeicherten Energie entsprechen muss. Unser Energiehaushalt ist mit diesem Naturgesetz zuverlässig beschreibbar, wenn man als Systemgrenze den Menschen als Ganzes nimmt: Nahrung geht als Energiequelle hinein, Wärme und Abfallstoffe (gasförmig, fest und flüssig) gehen wieder hinaus. Was dazwischen passiert, lassen wir zur fühlbar heftigen mentalen Erregung der Ernährungswissenschaftler und Ernährungsberater an dieser Stelle erst einmal außen vor.

Das oben beschriebene bedeutet nämlich schlicht: In Abhängigkeit des individuellen Körpergewichts und der damit verbundenen Körperoberfläche muss ein Mensch immer zwingend die notwendige Menge Energie (beschreibbar z.B. in der Einheit „kcal“) nachführen, die in Form von Wärme abgegeben wird. Zu wenig zugeführte Energie wird zwangsweise aus der gespeicherten erzeugt, zu viel zugeführte Energie wird im Körper, überwiegend in Form von Fett, für den Fall des Mangels gespeichert.

Wenn Sie abnehmen möchten, müssen Sie somit konsequent weniger Energie zuführen als ihr Körper an Wärme abgibt, damit er sich der gespeicherten Energie bedient.

Das funktioniert gemäß Naturgesetz zwingend und zuverlässig! Manchmal braucht Ihr Organismus etwas Zeit, um die gespeicherte Energie effektiv anzugehen (Stichwort „Diäten“ und „Jo-Jo-Effekt“), aber bei längerfristiger konstanter Minderzufuhr werden bei allen gesunden Menschen nach einiger Zeit immer konsequent die Energiedepots angegangen. Und es ist dabei unter diesem Aspekt erst einmal völlig egal, was Sie essen.

Wir Menschen speichern in unseren Depots eine Menge Energie: ca. 8.000 kcal in nur einem Kilogramm Fett!

Bei einem 75 kg schweren Menschen mit einer mittleren Energieabgabe von z. B. 2.500 kcal/Tag (dies entspricht einem Wärmestrom von ca. 120 W, oder 2,9 kWh/Tag) bedeutet dies, dass er bei völliger Nulldiät täglich ca. 300 g aus der gespeicherten Energie abbauen müsste um die Wärmeabgabe auszugleichen. Bis unser Körper die gespeicherte Energie zuverlässig nutzt, versucht er aber erst einmal über sogenannte Notprogramme den Energiebedarf zu reduzieren. Er hofft darauf, dass die benötigte Energiemenge schnell wieder in ausreichender Menge zugeführt wird. Wenn dies z. B. nach Ende einer Diät wieder der Fall ist, wird unser lernendes System für zukünftige Notsituationen natürlich kräftig von überschüssig zugeführter Energie diese als Fett in Depots einlagern (der Jo-Jo-Effekt). Das kann unser Körper gemäß dem ersten Hauptsatz aber ausschließlich mit überschüssig zugeführter Energie machen!

Was bedeutet dies konkret für Sie als ihr eigener Gewichtsmanager? Gemäß den Erkenntnissen aus dem vorhergehenden Block „Bleibe du selbst und verbiege dich nicht“ wissen Sie, wie die nach ihren persönlichen Bedürfnissen zusammengestellte Ernährung aussieht. Ihr Essverhalten haben sie aufgeteilt in „gesunde“, wenig dickmachende Nahrungsmittel und eher „ungesunden“, bzw. klar dickmachende.

In der Summe beider „Nahrungsgruppen“ dürfen Sie nicht mehr zu sich nehmen als ihr Körper täglich für die Grundversorgung und der Bewegung an Energie benötigt. Dann halten Sie ihr Gewicht. Wollen Sie abnehmen, dürfen Sie nur deutlich weniger zu sich nehmen. Gemäß dem Naturgesetz bedeutet dies konkret, dass ihr Organismus bei täglich 800 kcal zu wenig zugeführter Energie, 100 g ihrer Fettdepots in zusätzliche Energie umwandeln muss. Sie nehmen somit täglich ca. 100 g ab. Aber nur, wenn Sie längerfristig dieses Defizit konsequent aufrecht halten. Der Betrachtungszeitraum darf dabei auch gerne bis zu maximal einer Woche betragen. Dies würde z. B. bei einer gewünschten Gewichtsabnahme von 500 g pro Woche bedeuten, dass Sie bezogen auf den Energiebedarf wöchentlich mindestens 4.000 kcal weniger zu sich nehmen dürfen, als Ihr Körper für seine Grundversorgung und Bewegung braucht. Entscheidend ist der konstante Mangel! Nur so wird sich der Stoffwechsel zuverlässig auf eine ergänzende Zuführung aus den Depots umstellen.

Speziell bei ausreichender zusätzlicher Bewegung und Muskelbeanspruchung kann Ihr Körper nicht längere Zeit im Spar-Modus laufen. Er wird gemäß dem Naturgesetz „erster Hauptsatz der Thermodynamik“ die gespeicherten Reserven (Fettpolster) angehen und sich aus diesen bedienen. Und bitte haben Sie keine Angst davor, dass sich ihre Muskeln abbauen. Fett ist leichter zugänglich und bei Gebrauch der Muskeln wird ihr Körper sie erst einmal nicht zur Energieaufstockung verzehren!

Es gibt auch nicht die Ausrede des individuellen Stoffwechsels. Der Körper braucht die Energie und er nimmt sie sich wenn sie vorhanden, bzw. gespeichert ist! (Beim Speichern von überschüssiger Energie und der Verwertung der zugeführten Energie ist es allerdings nicht ganz so einfach – Stichwort „Glykämischer Index“ und „Bioverfügbarkeit“)

Nur wenn Sie konstant weniger zu sich nehmen, als Sie verbrauchen, können Sie abnehmen. Diese Erkenntnis ist zugegeben nicht neu. Es hilft aber z. B. kein „low carb“, wenn die täglich zugeführte Energiemenge den Bedarf genau deckt. Sie nehmen keinen Gramm ab! Es kommt eben doch auf die Kalorie an! Welche, ist dabei im ersten Ansatz völlig egal.

Es hilft nichts: verzichten Sie tapfer, aber genussvoll!

 

Ihre Barbara Conrad

Lesen Sie in meinem nächsten Block „Ganz ohne Kraft- und Ausdauertraining geht es nicht!“, wie Sie den „ersten Hauptsatz der Thermodynamik“ dennoch angenehm genießen können.